Queen intim by Peter Hince

Autor:Peter Hince
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Hannibal
veröffentlicht: 2015-09-06T00:00:00+00:00

Die ersten fünf Queen-Alben wurden alle in Großbritannien aufgenommen. Die damals an der Macht befindliche, kränkelnde Labour-Regierung hatte aber die unangenehme Neigung, wohlhabende Rockstars immer höher zu besteuern. Die Zeit für eine Veränderung war gekommen. In der Schweiz, traditionell die Heimat von Steuerflüchtigen und Inhabern von dubiosen Nummernkonten, gab es ein viel versprechendes Studio. Wir entschieden uns während des Steuerjahres der Firma für einen längerfristigen Aufenthalt in dem Land.

„Viele Grüße aus Montreux – schön, aber stinklangweilig.“ Das hätte wahrscheinlich auf meiner Postkarte nach Hause gestanden, denn wie viele Schweizer Rockbands kennt man schon? Dort gibt es vielleicht Weltmeister im Jodeln, aber bestimmt nicht viele Kandidaten für die Rock and Roll Hall of Fame. Dafür kann man sich über frische Luft und ein sauberes Leben freuen. Ordentlich und effizient, ist die Schweiz ein reiches, gottesfürchtiges und gesetzestreues Land. Das ist nicht gerade Rock’n’Roll, oder? Was die 1978 verfügbaren Biersorten anbelangte, standen dort drei Hinweise auf den Etiketten: „Sans“, „Ohne“ und „Senza“ Alkohol. Man muss kein Linguist sein, um das zu verstehen.

Zu Beginn des Sommers 1978 planten Queen in diesem fiskalisch gesunden Klima einen viermonatigen Aufenthalt, um neue Songs zu schreiben und aufzunehmen, die die Plattenfirma, die Buchhalter und die hungrige Öffentlichkeit verlangten. Die Proben und Aufnahmen sollten in Montreux stattfinden, die letzten Gesänge und Overdubs dann in den Super Bear Studios im Süden Frankreichs aufgenommen werden, wo das Album auch abgemischt werden sollte. Die auf das Album folgende US-Tour wurde bereits vorbereitet, und ein paar Europa-Termine, ein Live-Album und Japan-Gigs wurden dazwischen geschoben. Für das Ende des Jahres standen weitere Aufnahmen an. Herzlichen willkommen auf der Leiter des Erfolgs (mit dem entsprechenden Jahresplan) und all den unangenehmen Nebenwirkungen!

Nicht frühzeitig zu erfahren, was man in der Zukunft machen wird, zählt zu den eher romantischen Vorstellungen des Lebens in einer Rockband. Ich genoss das Überraschungselement, aber nun hatte ich einen Terminplan, dem ich im nächsten Jahr folgen musste. Wie sich herausstellte, gab es jedoch immer noch genügend Platz für Überraschungen.

Jazz?

Das liebliche Knusperhaus-Städtchen Montreux liegt am Genfer See, dem Lac Léman, und genießt wegen seines internationalen Jazz-Festivals einen hervorragenden Ruf. Es fand in dem Casino-Komplex statt, der wenige Jahre vor unserem Aufenthalt in Brand geraten und Deep Purple zu dem Song „Smoke On The Water“ inspiriert hatte. In dem neu erbauten Beton-Gebäude lag auch das Tonstudio, das von großen Rockbands auf der Flucht vor den bösen Finanzbeamten genutzt wurde. Ich war mit dem Ford Transit allein nach Montreux gefahren, um die Zeit halbwegs sinnvoll zu verbringen, und hatte Pete Brown, den Management-Koordinator von Queen, vom nahe gelegenen Genfer Flughafen abgeholt.

Der Laderaum war in letzter Minute noch mit persönlichen Gegenständen bis obenhin vollgestopft worden, denn für die Band, ihre Partner und die Familien sollte es ein langer Aufenthalt werden. Kisten mit Wegwerfwindeln standen zwischen Spielzeug und Stereoanlagen und ähnlichen Haushaltsartikeln. Einige Tage später kam auch der Truck mit dem Equipment und meinen Kollegen Richie Andersen und Crystal an.

Für die Proben mietete man die Räumlichkeiten einer alten, klassischen Ballettschule, deren Schüler gerade in den Sommerferien weilten.

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